Erklärung der Wallufer Gemeindevertretung zur geplanten Unterbringung von Geflüchteten in der Gemeinde Walluf


Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

nach 2015 erreicht Europa und Deutschland 2023 wieder eine große Anzahl von Geflüchteten – Menschen, die sich in ihren Herkunftsländern der Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer eigenen sozialen Gruppe ausgesetzt sehen. Es ist die Aufgabe von Städten und Landkreisen sowie ihren Gemeinden, diesen Menschen ein Dach über dem Kopf einzurichten, wie wir es auch in Walluf schon in der Vergangenheit getan haben.

Vor einiger Zeit hat sich Bürgermeister Stavridis bereits mit einem offenen Brief an die Bürgerinnen und Bürger gewandt und über das Vorhaben berichtet, im Wallufer Gewerbegebiet eine Unterkunft in Containerbauweise mit einer Kapazität für 200 Personen zu errichten. Dies ist aktuell Gegenstand der Verhandlungen des Gemeindevorstands mit dem Rheingau-Taunus-Kreis, der für die Unterbringung der Geflüchteten originär zuständig ist. Dessen Kapazitäten sind allerdings erschöpft.

Folgerichtig hat sich der Kreis in dieser Situation an seine Kommunen gewandt mit der klaren Intention, die Herausforderung der Unterbringung gemeinsam zu schultern, indem jede Kommune hierzu einen eigenen Beitrag leistet. Die Gemeinde Walluf bildet da keine Ausnahme.

Seit einiger Zeit befindet sich der Gemeindevorstand für die Umsetzung dafür in Gesprächen mit dem Kreis und hat die Fraktionen laufend über den aktuellen Sachstand unterrichtet. Hierbei wurde uns allen schnell bewusst, dass das bisher in Walluf praktizierte Modell der dezentralen Unterbringung in gemeindeeigenen Liegenschaften und im Herzen des Ortes aufgrund der zu erwartenden Anzahl der Personen leider nicht mehr anwendbar ist und eine größere Lösung gefunden werden muss.

Der Gemeindevorstand und die Gemeindevertretung halten nach ausführlicher Abwägung und Beratung eine gemeindeeigene Geländefläche am Rande des Gewerbegebiets und an der Grenze zu Wiesbaden für die Einrichtung einer Geflüchtetenunterkunft in Form eines Containerdorfes für geeignet, da hier die notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen schon gegeben sind. Mögliche alternative Vorstellungen zur Unterbringung wurden debattiert, konstruktiv-kritisch und sachbezogen geprüft. Nach der Überzeugung der Gemeindevertretung bleibt uns zu dem jetzt gewählten Standort keine passende Alternative, um die für Walluf vorgesehene Anzahl an Geflüchteten angemessen unterzubringen.

Hierbei ist uns klar, dass die Errichtung eines Containerdorfes in diesem Ausmaß und die dortige Unterbringung von 200 Personen eine große Herausforderung darstellt. Eine Herausforderung für die Verwaltung, die Gewerbetreibenden vor Ort und für die gesamte Gemeinde. Dennoch sind wir davon überzeugt, dass diese Maßnahme notwendig ist und wir diese Aufgabe gemeinsam meistern werden.

Nichtsdestotrotz blicken wir auch mit Sorge in die Zukunft, da wir aktuell nicht absehen können, ob wir als kleine Gemeinde dauerhaft dieser Herausforderung begegnen können, ohne selbst bald an die Grenzen unserer Kapazitäten und Ressourcen zu gelangen.

Wir fordern daher die Bundesregierung auf, das Grundrecht auf Asyl mit den Anforderungen an die bestehende Situation in Einklang zu bringen, wie sie sich schon seit Monaten in den deutschen Kommunen zeigt. Hierzu bedarf es nachhaltiger, rechtssicherer und realistischer Lösungen, um den durch die steigende Anzahl Geflüchteter erzeugten Aufgaben zu begegnen. Neben den hierfür notwendigen Maßnahmen zur effizienten Steuerung der Zuwanderung, erfordert es endlich auch ein Handeln der Bundesregierung im Hinblick auf die durch Betreuung und Unterbringung entstehenden Kosten. Auch für diese muss der Bund mehr Verantwortung übernehmen und die Kommunen besser ausstatten. Ansonsten stehen wir wohlmöglich bald mit dem Rücken zur Wand.

Wir danken allen ehrenamtlich Engagierten, die ihre Bereitschaft zu helfen auch diesmal wieder erklärt haben. Ohne deren Unterstützung könnten wir uns als Gemeinde dieser Aufgabe nicht stellen.

Die Bürgerinnen und Bürger werden über die weiteren Schritte und den voraussichtlichen Zeitplan zur Errichtung der Unterkunft umfassend informiert. Wir sind zuversichtlich, dass in den Gesprächen mit dem Kreis auch für die über die ehrenamtliche hinausgehende soziale Betreuung der Menschen vor Ort eine Vereinbarung erzielt wird.

Abschließend möchten wir klarstellen, dass wir uns gegen jedwede Äußerungen oder gar Maßnahmen, die Fremdenfeindlichkeit oder gar Fremdenhass zum Inhalt oder Ziel haben, ausdrücklich verwahren. Sowas hat bei uns in Walluf keinen Platz. Lassen Sie uns wie bisher beieinanderbleiben und gemeinsam dieser neuen Herausforderung begegnen. 

Für die Wallufer Gemeindevertretung:

Ulrike Y. Hans
Vorsitzende der Gemeindevertretung

Johannes Ossa
Vorsitzender SPD-Fraktion

Dr. Richard Reuter
Vorsitzender BVW-Fraktion

Helge Martin Krollmann
Vorsitzender CDU-Fraktion

Petra Flöck
Vorsitzende Fraktion Wir für Walluf

Niko Sidiropoulos
Vorsitzender FDP-Fraktion